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Organschaft bei Personengesellschaft

21. Mai 2021

Bereits seit vielen Jahren ist streitig, unter welchen weiteren Voraussetzungen eine Personengesellschaft Organ im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann. Mit einer ganzen Serie von Urteilen hatten EuGH und BFH zwar geklärt, dass Personengesellschaften ein solches Organ sein können. Jedoch blieb dies nach Ansicht des BFH und der deutschen Finanzverwaltung auf die Fälle beschränkt, in denen Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die auch in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Das heißt: „Außenstehende“ Personen, die nicht sowohl an der Mutter- als auch an der Tochtergesellschaft beteiligt sind, schließen die Annahme einer Organschaft mit einer Personengesellschaft als Organgesellschaft nach deutschem Verständnis aus. Doch aktuell hat der EuGH dieser einschränkenden Sichtweise eine Absage erteilt: Sind neben der „Ober-GmbH“ auch „außenstehende“ natürliche Personen an der „Unter-Personengesellschaft“ beteiligt, kann dennoch eine Organschaft vorliegen.

EuGH-Urteil vom 15.4.2021, C-868/19, NWB WAAAH-76513

 

Praxishinweise

Mit der Entscheidung des EuGH ist ein weiteres Kapital in den jahrelangen Rechtsstreitigkeiten zum Vorliegen einer Organschaft aufgeschlagen worden. BFH und EuGH hatten sich in den Jahren 2015 und 2016 mehrfach zu Fragen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft geäußert. Von besonderer Relevanz war und ist dabei die grundsätzliche Aussage, dass auch eine Personengesellschaft eine Organgesellschaft sein kann.

Die Urteile hatten die Finanzverwaltung zur Änderung des UStAE gezwungen. Es gab zwar noch eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2018. Seitdem sind die neuen Grundsätze jedoch zwingend anzuwenden. In Abschn. 2.8 UStAE heißt es nun unter anderem: „Eine Personengesellschaft kann ausnahmsweise wie eine juristische Person als eingegliedert im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG anzusehen sein, wenn die finanzielle Eingliederung wie bei einer juristischen Person zu bejahen ist …. Die finanzielle Eingliederung einer Personengesellschaft setzt voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei der stets möglichen Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist“

Damit waren viele Unternehmen – auch unerwünschter Weise – als Organschaft anzusehen. Zur Vermeidung ungewollter Organschaften wurde in der Literatur daher zuweilen die Aufnahme eines Minderheitsgesellschafters oder einer Fremdgeschäftsführung empfohlen, auch als Ehegattenmodell bezeichnet.

Unabhängig von der Frage, ob solche Maßnahmen aus tatsächlicher Sicht heraus sinnvoll waren, muss aus heutiger Sicht festgestellt werden, da sie bei konsequenter Anwendung des aktuellen EuGH-Urteils wohl nicht mehr lange tauglich sein werden. Allerdings können sich Steuerpflichtige bis auf Weiteres noch auf die Regelungen des UStAE stützen.

Andere wiederum befürworten das Vorliegen einer Organschaft in Fällen wie dem des Besprechungsurteils. Diese sollten sich nun auf die aktuelle EuGH-Entscheidung berufen.

Letztlich sei darauf hingewiesen, dass der EuGH weitere Vorlagefragen zum Thema „Organschaft“ beantworten muss. Der XI. Senat des BFH hat dem EuGH mit Vorlagebeschluss vom 11.12.2019 die Frage gestellt, ob die deutsche Organschaftsbesteuerung überhaupt mit dem EU-Recht konform ist. In wenigen Worten ausgedrückt will er wissen, ob es dem EU-Recht entspricht, dass im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft der Organträger als Steuerschuldner gilt und nicht der Organkreis als solcher, ob also einer – in Deutschland nicht vorhandenen – Gruppenbesteuerung der Vorzug zu geben wäre. Der V. Senat des BFH hat sich gleichfalls an den EuGH gewandt. Er hält die Auffassung des XI. Senats für falsch. Ihm sei jedoch eine eigene Entscheidung in dem zugrundeliegenden Fall verwehrt. Der V. Senat weist explizit darauf hin, dass die Behandlung der Mehrwertsteuergruppe als Steuerpflichtigen zu erheblichen Steuerausfällen führen würde und fragt den EuGH, ob die deutsche Handhabung entsprechend § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG weiter Bestand haben kann oder ob nur eine gesonderte „Mehrwertsteuergruppe“ die Umsatzsteuer schuldet bzw. schulden kann.

 

BFH-Beschluss vom 7.5.2020, V R 40/19, BFH/NV 2020 S. 839 Nr. 9, NWB WAAAH-51169

 

Stand: 21.05.2021

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